It’s A Jungle Out There

Die rote Sonne versinkt langsam hinter dem Dschungel des Chitwan National Parks. Mit einem kalten Bier sitzt man auf der Terrasse und blickt über den Fluss, der einen von Rhinos, Krokodilen und Tigern trennt. Mit etwas Glück kann der Geduldige einen Blick auf die Tiere erhaschen, bevor die Dunkelheit und Scharen von Moskitos über einen hereinbrechen. Im Hintergrund klingen leise die Trommeln der Tharu Culture Show und untermalen alles mit stimmiger Musik. Diese Art von Dschungelromantik kann man im Süden von Nepal erleben.

Der Park zieht jedes Jahr tausende Touristen an, die sich in allen möglichen Fortbewegungsmitteln in den Nationalpark stürzen um Nashörner, Lippenbären, Axishirsche und mit ganz viel Glück auch einen Königstiger zu sehen. Von Touren zu Fuß, über Jeeps und Boote bis hin zu Elefanten ist alles dabei. Und gerade letzteres ist ein sehr zweischneidiges Thema, dem wir in diesem Blogpost etwas mehr Aufmerksamkeit widmen wollen.

Bei der Planung unserer Tage in Chitwan klingt ein Ritt auf einem der grauen Dickhäuter “toll”. Eine Stunde lang von einem drei Tonnen Gigant durch den Wald getragen zu werden und sich gefahrlos Nashörner und andere Wildtiere aus der Nähe ansehen zu können ist verlockend. Beließt man sich jedoch etwas über das Thema vergeht einem schnell die Lust darauf. Die Elefanten werden von klein auf “gebrochen” und mit konstantem Prügel auf Linie gehalten. Das Reitgeschirr verursacht Wunden am Hals, Rücken und Schwanz der Tiere und die Nächte verbringen sie angekettet in kleinen Ställen. Bis zu acht Personen sitzen auf einem Tier, dessen Anatomie nicht für das Tragen von Lasten geeignet ist. Elefanten werden 60 bis 70 Jahre alt, und genau so lange müssen diese auch im Park “arbeiten”. Der Tourismus boomt im Chitwan Nationalpark und jedes Jahr kommen mehr Menschen in die Wildnis Nepals. Also auch mehr Menschen die Elefanten reiten wollen. Vor allem bei asiatischen Touristen sind die Elefantensafaris sehr beliebt und sie spülen viel Geld in die Taschen der Hotelbetreiber, Elefantenbesitzer und der Regierung. Und wie so oft liegt genau im Geld der Knackpunkt.

Um den Zusammenhang zu verstehen, muss man sich kurz mit der Geschichte des Nationalparks auseinandersetzen. Der Park wurde 1973 gegründet, nachdem die Regierung vorher bereits 130 bewaffnete Soldaten in der Region stationierte um die von Jägern und Landwirtschaft dezimierte Nashornpopulation zu beschützen. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der Region weniger als 100 der dicken Einhörner. Im Jahr 1977 wurde der Park nochmals erweitert und umfasst seitdem über 900 km² an Gras- und Waldlandschaften. Dazu kommt eine Pufferzone von nochmals über 700 km², die 1997 hinzugefügt wurde. Das Resultat: Eine steigende Nashornpopulation, die laut einer Zählung von 2015 mindestens 605 Tiere umfasst. Durch strenge Patrouillen von Militär und Rangers wurde seit über drei Jahren kein Nashorn mehr von Wilderern erlegt. Auch andere Tierbestände wie Bären und Tiger erholen sich in der Region und zeigen einen Aufwärtstrend. Aber was hat das jetzt mit Elefanten und Geld zu tun?

Einen Nationalpark zu erhalten kostet viel Geld: Personal, Zuchtprogramme etc. und hier kommt dann eben der Tourismus ins Spiel. Mitunter durch das Geld der Elefantensafaris kann die Naturschutzarbeit finanziert werden und auch die Elefantenpopulation profitiert davon, denn in der Region gibt es ein Elephant Breeding Center, das zur Erholung der Elefantenpopulation beiträgt. Ob der Zweck in diesem Fall die Mittel heiligt muss jeder für sich selbst entscheiden.

Oder man sucht nach neuen Mitteln, so wie die NGO Stand Up 4 Elefants. Diese arbeitet mit einem Elefantenbesitzer aus der Gegend zusammen, um eine “Elephant Happy Hour” zu veranstalten. Anstatt des eines Ritts auf dem Tier “sponsert” man dem Elefanten eine Stunde in der er machen kann was er will, während man als Sponsor alles aus nächster Nähe beobachten darf. Es folgt unser Erfahrungsbericht:

Wir durften die Elefantendame Rupa an einem etwas nebligen Mittwochmorgen kennen lernen. Während die anderen Tiere des Besitzers mit Touristen auf dem Rücken in den Wald zogen, standen wir am Flussufer und warteten auf Rupa und ihren Mahout (Elefantenführer). Diese kam kurz darauf gemächlich angetrottet und beäugte unsere kleine Gruppe. Rupa ist 46 Jahre alt und arbeitet ebenfalls als Safari-Elefant. Für sie war es nicht die erste Happy Hour und so wusste Rupa schon, dass wir alle etwas leckeres für sie hatten; heute waren es Kohlköpfe und Blumenkohl. Wir stehen auf einem kleinen Hügel und der riesige Rüssel schnüffelt und tastet sich langsam heran, um sich schließlich den Snack zu schnappen. Ein paar Streicheleinheiten am Rüssel hat sie auch noch bekommen. Zu viel Kontakt ist allerdings nicht unbedingt erwünscht, da dies für den Elefanten stressig sein kann. Für alle die es interessiert: Elefantenhaut ist sehr rau.

Erstes Kennenlernen mit der Gruppe und Snacks abgreifen!
Erstes Kennenlernen mit der Gruppe und Snacks abgreifen!

Nachdem wir nichts mehr zu Fressen für Rupa hatten, trottet diese langsam zum Fluß und fängt am Wasser an zu spielen, sich zu waschen und auch hin und wieder etwas zu trinken. Für den Rest der Stunde folgten wir der Elefantendame und beobachten Rupa beim wälzen im Schlamm, (beinahe) herausreisen von Bäumen, Fressen im Unterholz und anderen Dingen, die ein Elefant eben so macht, wenn er tun und lassen kann was er darf. Währendessen unterhalten wir uns mit den Mitgliedern unserer Gruppe und Mitarbeitern der NGO, die uns einiges über Rupa, den Elefantentourismus in Chitwan und die wilden Elefanten in der Region erzählten. Am Ende durften wir Rupa nochmal füttern, bevor wir schweren Herzens Abschied nehmen.

Für uns war das Ganze eine sehr besondere Erfahrung, denn man hatte das Gefühl Rupa war wirklich glücklich während dieser Zeit. Manchmal wirkte sie wie ein 3 Tonnen schwerer Hundewelpe, vor allem wenn sie im Dreck spielte. Sowas zaubert einem unweigerlich ein Lächeln aufs Gesicht. Nach der Stunde mit Rupa hatten wir das Gefühl, durch das Sponsoring ihr Leben etwas verschönern zu können. Nach der Happy Hour haben wir noch mit Michael, einem der Mitarbeiter der NGO, zu Mittag gegessen und uns über das Reisen, die Welt und Elefanten unterhalten. Das Projekt ist noch sehr jung und erst seit Mitte November gibt es die ersten Happy Hours. Rupa ist zur Zeit die einzige Elefantendame, die in den Genuss dieses Privilegs kommt. Stand Up 4 Elephants plant weitere Tiere des Besitzers in das Programm mit aufzunehmen und mit jeder gesponserten Happy Hour muss ein Elefant keine Leute schleppen, sondern darf machen was er will.

Die ganze Thematik um den Elefantentourismus ist natürlich deutlich komplexer und wir haben es hier nur oberflächlich angeschnitten. Nur weil die Elefanten eine Happy Hour bekommen, ändert das nichts an der Haltung der Elefanten oder dem generellen Training der Tiere. Aber gerade die privaten Besitzer in Nepal haben hier schon freiwillig Schritte unternommen um das Training weniger grausam zu gestalten, der Blog “The Longest Way Home” hat hierzu einiges geschrieben [1] [2]. Haltung und Training von Elefanten sind in der Region um Chitwan seit langer Zeit Tradition und nur weil wir als Europäer das nicht gut heißen, können wir nicht auftauchen und erwarten, dass sich von heute auf morgen doch alles bitte ändern soll. Aber Projekte wie Stand Up 4 Elephants zeigen, dass es möglich ist, die Situation der Tiere und Mahouts (deren Situation auch nicht rosig ist) zu verbessern, ohne dass der Tourismus, und damit die Besitzer, darunter zu leiden haben.

Um auch die Tiere des Dschungels zu sehen haben wir uns noch eine Jeepsafari gegönnt. In einem wackligen Einbaum geht es über den Fluss, und dann mit dem Jeep tief in das Herz des Waldes. Wenn es etwas zu sehen gab, hielt der Wagen an und wir konnten ein paar Schnappschüsse machen. Wir hatten das Glück bis auf Tiger alle großen Tiere des Dschungels zu sehen: Bären, Nashörner, Axishirsche, Wildschweine, Krokodile, verschiedene Affen und einiges an Pfauen.

Push it to the Limit!
Hand Anlegen!

Die Jeep Safaris platzieren 8 – 12 Leute auf kleinen Bänkchen, die auf die Ladefläche von indischen Tata Jeeps montiert sind. Die Fahrzeuge sind oft entsprechend alt und geben schon so manches beunruhigendes Geräusch von sich. Das Stop and Go der Safari forderte seinen Tribut und bei jedem Anlassen des Fahrzeugs hörte sich der Motor etwas gequälter an. Und irgendwann war es dann soweit und die Batterie hatte den Geist aufgegeben, zum Glück in der Nähe von einer Herde Affen und nicht etwa Rhinos oder Bären. Tja, da mussten die Jungs im Auto dann eben Hand anlegen und den Wagen anschieben. 🙂

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4 Kommentare bei „It’s A Jungle Out There“

  1. Ich finde es richtig toll, dass ihr euch für die Happy Hour entschieden habt statt den Ritt! Das war sicher einzigartig eine Elefantendame mal so nah und so frei zu erleben <3
    Genießt weiterhin euer Abenteuer!

    1. rucksacktouristen sagt: Antworten

      Ja, es war definitiv eines der Highlight in Nepal. 🙂 Wir hoffen, dass das Projekt weiter wächst und weitere Elefanten in den Genuss kommen!

  2. Danke für die vielen schönen und atemberaubende Bilder.
    ..und übrigens – Vogelk…. auf dem T-Shirt bringt Glück 🙂

    1. rucksacktouristen sagt: Antworten

      Das Glück hat etwa drei Tage auf dem Trek gehalten. Dann kamen die Magenprobleme 😀
      Bei den Bildern versuchen wir mehr auf Qualität als auf Quantität zu achten. Dabei stoßen wir leider an die Grenzen unseres Kamera Equipments.

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